transfer Ausgabe 01 | 2014

Perfekt gemanagt

Gemeinsame Netzleitstelle für die Strom-, Gas- und Wasserversorgung

Rund 15'000 Haushalte gilt es in der Stadt Brugg und in benachbarten Gemeinden sicher mit Strom, Gas und Wasser zu versorgen. Die IBB - die lokale Energie- und Wasserversorgerin - hat bei der letzten grossen Modernisierung innerhalb von zwei Jahren die komplette Fernwirktechnik ihrer Anlagen modernisiert und das Rittmeyer Netzleitsystem RITOP installiert. Mit der Netzintegration der Versorgungseinrichtungen von Nachbargemeinden hat die IBB zudem schon frühzeitig in die Versorgungssicherheit investiert.

Die einfache Störungsübersicht, verkürzte Interventionszeiten, die Ausbaumöglichkeiten und eine erhöhte Netzsicherheit – dies waren die entscheidenden Anforderungen, welche die IBB an ihr neues Netzleitsystem stellten. Unter einem Dach sollten die Versorgungsbereiche Strom, Wasser und Gas zusammengeführt werden und damit das in die Jahre gekommene Leitsystem ersetzen. «Reparatur- und Ersatzteilgarantien waren abgelaufen, Erweiterungen nicht mehr möglich», erinnert sich Philippe Ramuz, Geschäftsleiter Netz-Dienstleistungen der IBB, an die Auslöser für die Neuinvestition. Nach einem umfangreichen Submissionsverfahren entschied sich die IBB für das RITOP-System von Rittmeyer: «Wir waren von der Leistungsfähigkeit, den Ausbaumöglichkeiten und damit auch von der Zukunftssicherheit des Leitsystems überzeugt», resümiert Philippe Ramuz.

Neue Fernwirktechnik

Die gesamte Fernwirktechnik wurde mit RIFLEX M1-Prozessstationen neu aufgebaut. Insgesamt 37 Unterstationen kommunizieren via TCP/IP-Protokoll IEC 60870-5-104 mit der Leitstelle. Die Feldleit- und Schutztechnik der beiden Unterwerke Lupfig und Freudenstein sind über das Protokoll IEC 61850 in das Leitsystem eingebunden. Mit einigen Nachbargemeinden, deren Automatisierungssysteme über das Rittmeyer-Fernwirkprotokoll in die Überwachung integriert sind, bestehen Kooperationen bei der Wasserversorgung.

Ein System für alles

Das neue Leitsystem ist gemeinsame Plattform für alle drei Bereiche Strom, Gas und Wasser. Bedienung und Visualisierung verfolgen eine einheitliche Philosophie, sind aber individuell auf die jeweiligen Besonderheiten des Versorgungsguts angepasst. «Diese Offenheit war eines der entscheidenden Argumente für RITOP», sagt Roland Schwarz, Leiter der Leitstelle. Rittmeyer hat auch die Bedienoberfläche exakt an die Bedürfnisse der IBB angepasst: «Die grafische Darstellung am Bildschirm entspricht 1:1 dem seit Jahren bei unseren Mitarbeitenden gewohnten Schaltbild auf dem Papier», so Roland Schwarz, «das verkürzt die Einarbeitungszeit und verhindert Fehler.»

Simulation und Schaltsequenzenrecorder

«Die umfangreichen und komfortablen Funktionen des Leittechnik-Moduls ‹Simulation› ermöglichen es uns, Schalthandlungen losgelöst und unabhängig vom effektiven Prozess zu testen und auszuführen», beschreibt Roland Schwarz eine für ihn wichtige, vor allem in der Ausbildung der Mitarbeitenden intensiv genutzte Funktionalität. Abgespeicherte Simulationen können jederzeit und von allen angeschlossenen Clients aus geöffnet und bearbeitet werden. «Dies ermöglicht es uns, beliebige Schalthandlungen aufzuzeichnen, zu verwalten, zu editieren und nach erfolgter Freigabe am Online-System abzuarbeiten», erklärt Roland Schwarz. Dazu stehen ein Automatik- sowie ein Einzelschritt-Modus zur Verfügung.

Funktionsumfang wird laufend erweitert

Demnächst wird das IBB-Leitsystem als eines der ersten mit den neu entwickelten Höheren Entscheidungs- und Optimierungsfunktionen (HEO-Funktionen) der Firma Rittmeyer erweitert. «Wir können dann beispielsweise online Lastflüsse berechnen wie auch Auswirkungen von Schalthandlungen simulieren», freut sich Roland Schwarz über diese für ihn wichtige Erweiterung. Mit diesen Simulationen lassen sich potenzielle Spannungsbandverletzungen gemäss der Norm EN 50160 aufzeigen sowie überhöhte Lastflüsse detektieren. Zu diesem Paket gehören dann auch Funktionen zur Kurzschlussstromberechnung, zur Trennstellenoptimierung und viele weitere. «Wir sind beeindruckt vom erweiterten Funktionsumfang und schätzen sehr, dass wir uns in Weiterentwicklungen des Leitsystems aktiv einbringen können», sagt Philippe Ramuz, «denn im Zuge des Netzausbaus und der zunehmenden dezentralen Einspeisung werden gerade solche Funktionen für uns immer wichtiger.»

Detailliertes Rechte- und Alarmsystem

Bei allen Schalthandlungen, unabhängig davon, ob diese in der Simulation oder im Online-System durchgeführt werden, wird der Bediener durch die vorhandenen topologischen Informationen und Verriegelungen unterstützt. «Die Verriegelungen verhindern, dass es zu Fehlschaltungen infolge menschlichen Versagens kommt», veranschaulicht Philippe Ramuz. «Es ist bei uns so gelöst, dass alle Nutzer des Leitsystems immer das gesamte Bild sehen, jedoch nur eine Berechtigung zum Bedienen jenes Bereichs haben, für den sie verantwortlich sind», wie Roland Schwarz ergänzt. Die Möglichkeiten, die ihnen das detaillierte Rechtesystem bietet, schätzen die beiden Fachleute sehr. Das System ist so aufgebaut, dass sich die Berechtigten nicht nur an der Leitstelle, sondern an jeder Station oder auch per Fernzugriff von zu Hause aus in das Leitsystem einloggen und Schalthandlungen vornehmen können. «Wir nutzen die detaillierte Rechtezuweisung natürlich auch im Alarmsystem, sodass in einem Fehlerfall genau die zuständige Fachperson kontaktiert wird», so Roland Schwarz.

«Wir sind von der Leistungsfähigkeit, den Ausbaumöglichkeiten und damit auch von der Zukunftssicherheit des Leitsystems überzeugt.»

Zukunftsfähig

«Wir haben bereits Versorgungseinrichtungen von Nachbargemeinden in unser Netz integriert, weitere werden folgen», schaut Philippe Ramuz nach vorne. «Zudem sind wir mit neuen Anforderungen, wie beispielsweise einer tiefer gestaffelten Qualitätsmessung im Übertragungsnetz oder die weitergehende Überwachung von Generatoren im Netz konfrontiert.» Schon dies spiegelt die vielfältigen Anforderungen wieder, die an die IBB als Versorgerin einer grösseren Region gestellt werden. Von höchster Bedeutung ist deshalb die leichte Erweiterbarkeit der Leittechnik: «Hier fühlen wir uns bei Rittmeyer in guten Händen. Unsere Anforderungen und Wünsche werden immer ernst genommen und gemeinsam wird nach einer guten Lösung gesucht.»

Bildnachweis: IBB