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Zürich eine interaktive Web-Anwendung für den lokalen Handel im Quartier. Dort gaben die teilnehmenden Haushalte ihre individuelle Preisvorstellung an: wie viel sie bereit waren, für den Bezug von Sonnenstrom zu bezahlen – und zu welchen Konditionen sie ihren produzierten Strom abgaben. Weltweit einzigartig ist der All-in-Ansatz des Projekts: Neben der Energie selbst waren auch Infrastruktur, sämtliche Abgaben sowie der ökologische Mehrwert Teil der festgelegten Preise. Nach jedem Lastgang, sprich alle 15 Minuten, erfolgte der Handel zwischen Produzenten und Konsumenten. Der individuelle Preis richtete sich nach Angebot und Nachfrage am Markt. Kam am lokalen Markt z. B. aufgrund fehlender Verfügbarkeit von Solarstrom kein Handel zustande, bezahlte der Konsument die Einspeise- und Bezugspreise des Versorgers. Jeder Handel wurde sicher auf Basis einer Blockchain durchgeführt, die Teilnehmenden selbst waren dabei nicht erkennbar. Die Abrechnung erfolgte weiterhin halbjährlich über das WEW in Schweizer Franken, wobei der lokal gehandelte Strom separat ausgewiesen wurde. Die Einsparungen während des Projektzeitraums betrugen pro Haushalt im Schnitt immerhin 218 Franken gegenüber dem bisherigen Bezugsmodell. Das Konzept soll nach Ende des Initialprojekts fortgesetzt werden – im Gegensatz zum bisherigen Ansatz allerdings mit automatisiert festgelegten Preisen. Ein Test während des Projekts hat gezeigt, dass die Effizienz des Verbunds noch gesteigert werden konnte, wenn ein Algorithmus die produktionsbedingten Preise festlegte. «Für die Zukunft macht es daher Sinn, den Handel komplett zu automatisieren», erklärt Arne Meeuw, der die Blockchain-Architektur im Projekt für die Hochschule St. Gallen entwickelte. «Freie Schweiz»? Eine geografische Ausweitung auf eine grössere Region wäre für Christian Dürr eine spannende Sache. Dafür müssen indes noch einige Voraussetzungen geschaffen werden. «Beim weiteren Ausbau ist es wichtig, neben der dynamischen Preisgestaltung des Energiebezugs auch die Infrastruktur dynamisch zu tarifieren», so der Geschäftsleiter. Eine zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien bei der Ausweitung des Modells bedingt einen Ausgleich durch andere Energieformen. Eine sinnvolle Mischung aus Kurzzeit-, Monats- und Langzeitspeichern unterschiedlicher Energieformen mit verschiedenen Aggregationszeiten müsste nach Ansicht von Christian Dürr genutzt werden. Nur so liesse sich die heute durchgehend verfügbare und wetterunabhängige Bandenergie der Atomkraft ersetzen. Bei einer geografischen Erweiterung des Konzepts müsse man sich zudem Modelle überlegen, um die Datenmenge zu begrenzen, gibt Arne Meeuw zu bedenken. Ein Markt mit einzelnen Bilanzkreisen könnte eine mögliche Lösung darstellen, wobei die Datenbasis jedes Kreises vom entsprechenden Energieversorger abgerechnet wird. Aber auch Gesetze müssten angepasst werden. «Wir bewegten uns mit dem Projekt regulatorisch auf dünnem Eis. Mit den heutigen Bestimmungen ist diese Art der Verrechnung nicht vollkommen gesetzeskonform», stellt Dürr klar. Er sieht immerhin Licht am Horizont. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation und das Bundesamt für Umwelt beschäftigten sich bereits mit dem Thema. Und nachdem auch internationale Medien über das Projekt berichtet hatten, sind inzwischen zahlreiche Elektrizitätswerke auf das Team rund um Christian Dürr zugegangen. Das Interesse scheint geweckt. Den ausführlichen Bericht und weitere Details finden Sie unter rittmeyer.com/quartierstrom Quartierstrom ‹Quartierstrom› ist ein vom Bundesamt für Energie (BFE) gefördertes Leuchtturmprojekt. 37 Haushalte des Quartiers ‹Schwemmiweg› in Walenstadt handelten ihren überschüssigen Strom aus den eigenen Solaranlagen direkt in der Nachbarschaft. Über den Projektzeitraum konnten im Schnitt rund 60% des selbsterzeugten Stroms innerhalb des Quartiers konsumiert werden. Das Projektkonsortium unter der Leitung des ‹Bits to Energy Lab› an der ETH Zürich umfasst neben der Universität St. Gallen und dem Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt noch weitere Forschungs- und Industriepartner. Mehr Informationen zum vollständigen Projektkonsortium und Live-Daten unter www.quartier-strom.ch Die zugrunde liegende Blockchain- Technologie kurz und bündig in einem Video erklärt: youtu.be/ZU8pMQfnTq0

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