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FACHTHEMA Strom anders denken Die initiale Idee für das ‹Quartierstrom›-Modell entstand aus einem Projekt an der ETH Zürich, das den Mehrwert von lokalen Strommärkten gegenüber heute gängigen Einspeisemodellen untersuchte. Zusammen mit den heutigen Projektpartnern ZHAW und Cleantech21 gingen die Forscher auf das WEW zu. Andere waren skeptisch, Christian Dürr erkannte die Chancen durch einen lokalen Strommarkt jedoch sofort – auch wenn durch die vermehrte Verbreitung von Solaranlagen ein Teil des Umsatzes für Versorger entfällt: «Als Installateur bist du beim Kunden im Haus, baust eine gute Beziehung und Vertrauen auf. Das ist hilfreich. Und die Anlage muss ja gewartet werden, irgendwann wird sie neue Paneele benötigen», gibt er zu bedenken. Die Solaranlage sei zudem häufig nur der erste Schritt für weitere Investitionen: Oft folgten Überlegungen über den Ersatz der Ölheizung mit einer Wärmepumpe, Elektromobilität werde attraktiver, Batterien kämen auf den Plan. Die eigene Produktion und diverse elektrische Verbraucher bedürfen mitunter einer Optimierung, so kommen Steuerungen ins Spiel. Auch die Betreuung der dafür notwendigen Messgeräte und die Interpretation der Daten können für Versorger attraktive Folgegeschäfte sein. Mit einer entsprechenden Offenheit gegenüber Entwicklungen wie diesen sieht der Elektroingenieur weiterhin eine Daseinsberechtigung für Elektrizitätswerke. Überlegungen wie die des Projekts ‹Quartierstrom› bedingen neue Geschäftsmodelle. In der Branche müsse dafür noch viel Umdenken stattfinden. Das heute übliche statische Tarifmodell blieb in der über 100-jährigen Stromwelt weitgehend unverändert. Technologische Entwicklungen wie Batterien oder E-Mobilität erforderten jedoch ein angepasstes Verrechnungsmodell: «Bei gleichbleibenden Strompreisen muss ich als Nutzer nichts schalten, und ich muss auch nichts speichern. Der Strom kostet in 10 Stunden gleich viel wie jetzt», bringt es Dürr auf den Punkt. Deshalb wünscht sich der Geschäftsleiter eine verursachergerechtere Abrechnung. «Heute zahlt man bei jeder bezogenen Kilowattstunde anteilsmässig die Netzebenen 1–7 mit. Das ist nicht wenig.» Das sei unter anderem dem Fokus auf die Versorgungssicherheit geschuldet. Dadurch kann die Schweiz heute zwar auf ein sehr sicheres Stromnetz vertrauen. Kostene�zient sei dieses Denken hingegen nicht unbedingt, ist der Ingenieur überzeugt. Einfach und effizient handeln Mit dem Pilotprojekt, das im Januar 2020 endete, wollte Christian Dürr diese Effizienz an die Kunden im Quartier ‹Schwemmiweg› weitergeben. «Mir ist es sehr wichtig, den Kunden ins Zentrum zu stellen», betont der Geschäftsleiter. Das WEW entwickelte deshalb gemeinsam mit der Hochschule St. Gallen und der ETH «Das derzeitige Zwischendrin ist für niemanden optimal. Entweder wir bleiben im Monopol, dann aber extrem schlank – oder wir machen Markt, wo man als Anbieter stets innovativ und kundenfreundlich sein muss, um zu überleben.» Christian Dürr, Dipl. El.-ing. FH/nDS, Geschäftsleiter, Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt 01| 2020 22 | 23

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