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«Kleine Versorgungen haben in der Regel zu wenig Kapazitäten, um sich auf zukünftige Entwicklungen vorzubereiten.» Luft bezieht sich von Gunten dabei vor allem auf Lebensmittel: «Die Richtlinien der World Health Organization (WHO) basieren darauf, dass höchstens 10% der Pestizide über das Trinkwasser und 90% über Lebensmittel aufgenommen werden.» Zudem beruht die toxikologische Beurteilung von Pestiziden auf Tierexperimenten, deren Übertragung auf den Menschen mit grossen Sicherheitsmargen versehen ist. Ebenfalls noch wenig bekannt ist, wie sich Mischungen auf die Gesundheit auswirken, weshalb die Konzentration der Spurenstoffe im Trinkwasser vorsorglich möglichst tief gehalten werde sollte. Das ist auch ein Anliegen der meisten Bürger, die möglichst sauberes Trinkwasser wollen. Nach von Guntens Einschätzung ist dies auch für die aquatische Umwelt gut, da so eine grosse Bereitschaft in der Bevölkerung entsteht, die Wasserressourcen zu schützen und damit auch für die Nutzung als Trinkwasser sauber zu halten. Spuren(stoffe) beseitigen Wenn Spurenstoffe in die Wasserressourcen gelangen, kann man mit Trinkwasseraufbereitungsanlagen versuchen, diese aus dem Wasser zu entfernen. Geschickter wäre es natürlich, sie würden gar nicht erst ins Wasser gelangen. Die Umstellung auf Biolandwirtschaft wäre beispielsweise ein Ansatz, um den Eintrag der unerwünschten Stoffe aus der Landwirtschaft in Gewässer zu vermindern. Die Freisetzung von Spurenstoffen aus den Kläranlagen wird in der Schweiz seit 2016 durch eine weitergehende Abwasserreinigung zum Teil bereits praktiziert und soll bis 2050 weiter ausgebaut werden. Das Problem mit der Grösse Mengenmässig werde die Schweiz auch in Zukunft keine Wassersorgen haben, sagt von Gunten. Die Wasserspeicher sind gross. Um Wasser jedoch in Zukunft in der gewohnten Menge und Qualität zu erhalten, gilt es Vorsorge zu treffen. Denn die Konsequenzen des Klimawandels werden spürbar. Saisonale und regionale Verknappungen fordern vor allem die kleineren Wasserversorgungen. Rund 90% der über 2 000 Betriebe in der Schweiz bedienen weniger als 5 000 Menschen. Deshalb werde es wesentlich sein, Verbünde einzugehen, um verschiedene Ressourcen nutzbar zu machen, meint von Gunten. Eine Vernetzung der Infrastruktur, eine Regionalisierung also. In Regionen, wo dies bereits implementiert ist, können Versorgungsprobleme in extremen Sommermonaten vermieden werden. Auch in Bezug auf mögliche Schadstoffbelastungen im Trinkwasser würde eine regionale Vernetzung die Wasserversorgung widerstandsfähiger machen: «Es werden immer wieder Höchstkonzentrationen diskutiert, bei deren Überschreiten Wasserfassungen geschlossen werden müssen. In einem Verbund liesse sich, unabhängige Grundwasserleiter vorausgesetzt, Wasser aus mehr und weniger belasteten Wasserfassungen mischen und so diese erhalten», gibt Urs von Gunten zu bedenken. «Allerdings sollte das nur eine kurzfristige Lösung sein, denn das Problem muss durch die Verminderung des Eintrags der problematischen Substanzen gelöst werden.» Oft fehlt es in kleinen Betrieben an Kapazität, um Know-how aufzubauen, wie man den neuen Herausforderungen in der Wasserversorgung Rechnung tragen kann, und an entsprechender Ausstattung für die immer herausforderndere Analytik. Und schliesslich könnte durch Zusammenschlüsse von Versorgungssystemen die Infrastruktur leichter aufrechterhalten werden: «Kleine Versorgungen haben meist zu wenig Kapazität, um zukünftige Probleme zu antizipieren. Durch einen Zusammenschluss könnten im Verbund Fachleute angestellt werden, die eine langfristige Vision für grössere Systeme entwickeln könnten», meint der Experte. «Da steht jedoch manches Mal der Schweizer Unabhängigkeitsgedanke im Weg, und damit der fehlende Wille, überregioFACHTHEMA 02| 2019 28 | 29

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