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INTERVIEW Für Alt und Jung Seine Augen glänzen, als er davon erzählt, wie fasziniert er damals wie heute von den Dimensionen der Kraftwerkstechnik ist: davon, die Grösse der Maschinen zu ‹spüren› oder das Rauschen des Wassers zu erleben, wenn bei einem Hochwasser einige Hundert Kubikmeter Wasser pro Sekunde über ein Wehr fliessen. «Da wird dir rasch klar, dass du eine grosse Verantwortung hast und dir im Klaren sein musst, was du tust.» Das müsse man einfach mal gesehen haben, meint er. Junge Menschen in die Kraftwerke mitzunehmen und so deren Begeisterung zu wecken, würde seiner Ansicht nach vielleicht auch das Nachwuchsproblem lösen helfen. Dazu komme, dass man sich mit verschiedenen Kraftwerkstypen, Messprinzipien, Druckleitungen, usw. beschäftige. So etwas, sagt Stocker überzeugt, sei ausgesprochen reizvoll und vor allem abwechslungsreich. Aber gewissenhaft sein, Durchhaltevermögen haben und auch mal Druck standhalten können, das wäre eine wichtige Voraussetzung. Viel Neues Heute ist das Ziel der Wasserkraft noch genau dasselbe wie vor 40 Jahren: das Turbinieren von Wasser. Die Digitalisierung macht jedoch vor der Wasserkraft nicht Halt, musste der Techniker lernen. Relaissteuerungen wichen programmierbaren Speicherbausteinen und schliesslich volldigitalen und automatisierten Systemen. Ebenso hat sich das Erstellen von Schemata stark verändert, die Reissbretter verschwanden und machten Platz für Simulations- und Zeichnungssoftware auf dem Computer. «Anspruchsvolle Regelungsaufgaben lösten wir früher durch händisches Zusammenlöten von Funktionsbaugruppen», lacht er. «Programmieren würde man das heute wohl eher nicht mehr nennen. Aber früher wurden Maschinen ja auch noch von Hand gestartet und gestoppt, synchronisiert, ans Netz gebracht. Und Tag und Nacht betreut.» D W w l C g b fällt auf – passend zur Unternehmensfarbe, könnte man meinen. Eines spürt man jedenfalls sofort: Josef Stocker macht das gerne, was er macht. Los geht’s, am besten fangen wir beim Anfang seiner Laufbahn an, sagen wir. Der 62-jährige Projektingenieur ist erstaunt über das Interesse an seiner Person, dachte wir sprechen über Technik. Den Zettel in der Hand – darauf ein technisches Schema – legt er dann erstmal beiseite. Quereinsteiger Auf die Frage, wie man zu so einem Beruf kommt erzählt uns Josef Stocker über seine Lehre als Elektriker beim ehemaligen Elektrizitätswerk Baar, und dass ihn Elektronik schon immer interessiert hat. Nach der Lehre kam er als Elektroschemazeichner zu Rittmeyer. «Die Pläne zeichneten wir damals noch von Hand mit Tusche, an riesigen Reissbrettern», erinnert er sich an seine Anfänge zurück. Einige Jahre später wechselte er in eine der neu gebildeten Projektgruppen. Und seither beschäftigt er sich mit der Projektierung und Inbetriebnahme von Wasserkraftwerk-Leittechnik. Hoher Puls Als wäre es gestern gewesen erzählt er von seiner ersten Inbetriebnahme: «Das war in Interlaken. Ich nahm eine Pegelregelung in Betrieb, die unter anderem dafür sorgen sollte, dass bei einem Störungsfall das Maschinenhaus nicht überflutet wird.» Die Verantwortung seiner Tätigkeit war dem jungen Techniker damals so bewusst, dass er vor dem Schlafengehen nochmal die ordnungsgemässe Funktion des Reglers kontrollieren wollte. «Ich ging hinüber zum Kraftwerk, und da rutschte mir das Herz fast in die Hose: Blaulicht, Feuerwehr und eine hell beleuchtete Wehrbrücke.» Solche Situationen vergesse man nicht so schnell, muss er lachend gestehen. Grund für den Aufruhr war aber ‹nur› ein kaputter Hydraulikschlauch. Der konfigurierte Regler verrichtete seinen Dienst ordnungsgemäss. «Jede Anlage ist anders, jeder Kunde hat andere Anforderungen und Ideen. Das ist wirklich spannend.» 02 | 2019 14 | 15 transfer

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