transfer Ausgabe 02 | 2017

Umwelt­freundlich Heizen und Kühlen

‹Circulago› nutzt die Energie des Zugersees

Die WWZ AG ist ein Verbundunternehmen, das seine Kunden im Kanton Zug und darüber hinaus mit Wasser, Strom, Gas, Wärme und Telekommunikationsdienstleistungen versorgt. Das steigende Bedürfnis, umweltgerecht zu Heizen und zu Kühlen, war Anstoss für das neueste Projekt. Mit ‹Circulago› soll unter Nutzung der im See gespeicherten Energie der CO2-Ausstoss der Zuger Wärmeproduktion um bis zu 80 Prozent reduziert werden.

In einer Tiefe von 26 Metern beträgt die Wassertemperatur im Zugersee stabil zwischen vier und acht Grad Celsius. Dieses Wasser wird in Zukunft in eine Seewasserzentrale, welche unterirdisch in der Zuger Schützenmatt direkt am See gelegen ist, gefördert. Dort wird es über einen Wärmetauscher geführt, der Wärme an einen separaten Wasserkreislauf abgibt, welcher zukünftig die verschiedenen Stadtteile in Zug und Baar-Süd erschliesst. Das Seewasser selbst wird unmittelbar wieder in den See zurückgeleitet. In den jeweiligen Quartierzentralen stehen dann Wärmepumpen, welche mit Hilfe der Seewasserenergie eine Temperatur von rund 70 Grad erzeugen und über ein Nahwärmenetz die einzelnen Gebäude mit Heizenergie versorgen; die Kälte wird direkt mittels Wärmetauscher gewonnen und über Nahkältenetze zu den Endkunden geführt.

Bewährte Technologien im Einsatz

Die Idee, die hinter Circulago steckt, ist nicht neu: «Industrielle Wärmepumpen sind schon lange im Einsatz und haben sich bestens bewährt. Was tatsächlich neu ist, ist die Grössenordnung dieses Projektes», erzählt Andreas Widmer, CEO der WWZ Energie AG.

«Mit Circulago kann im Endausbau ein Grossteil der Stadt Zug sowie Baar-Süd mit Fernwärme und Fernkälte versorgt werden.»

Andreas Widmer, CEO, WWZ Energie AG

Günstig ist, dass zurzeit in Zug die Stadtentwässerung saniert wird und dadurch beim Bau der Leitungen viele Synergien bei diesen beiden Generationenprojekten entstehen. Im Microtunneling-Verfahren werden hier seit Juli 2017 unterirdisch Tunnel für die Meteorwasserableitung gebohrt. Das Rohr mit einem Aussen-Durchmesser von 2,7 Meter kann auf Teilstrecken die Leitungen für den Wasserkreislauf zu den Heizzentralen von Circulago aufnehmen. Mit zunehmender Seenähe, wo die Entwässerung den grösseren Querschnitt erfordert, wird für den Circulago-Wasserkreislauf parallel zum Stadtentwässerungsprojekt ein separater Tunnel gegraben. Dank dieser baulichen Synergien kann ein bedeutender Erstabschnitt des Netzes von Circulago innert kurzer Zeit abgedeckt werden.

Nachhaltig handeln

Schon ab 2019 sollen die ersten Kunden mit Wärme und Kälte aus dem Zugersee versorgt werden. Da in Zug wie andernorts zunehmend verdichtet gebaut wird, ist das zentrale Bereitstellen von Heiz- und Kühlenergie besonders interessant. Dabei werden sowohl Neu- als auch Altbauten an Circulago angeschlossen. «Für uns sind ältere Gebäude höchst interessant. Oftmals sind sie schon an bestehende, gasbefeuerte Nahwärmezentralen angeschlossen, die wir ersetzen. Zudem haben diese Gebäude einen höheren Heizbedarf, den wir in Zukunft umweltfreundlich abdecken. In neuen Gebäuden spielt hingegen die umweltfreundliche Kühlung eine immer wichtigere Rolle», umreisst Andreas Widmer die potenziellen Kundengruppen.

Zur Spitzenlastabdeckung und um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, werden in den Quartierzentralen zusätzlich Gaskessel installiert. So werden die Wärmepumpen stets in einem energetisch möglichst idealen Bereich betrieben.

Keine Beeinträchtigung für den See

Das Projekt wird mit Interesse betrachtet. Auch von Seiten des Umweltschutzes gab es keine Einwände dagegen. «Der Zugersee ist ein riesiger Energiespeicher. In der Jahresbilanz wird Circulago dem See mehr Energie entziehen als einbringen. Diese Abkühlung ist jedoch viel zu klein, um der erwarteten Erwärmung des Sees durch den Klimawandel messbar entgegenwirken zu können», so Andreas Widmer.

Investition in die Zukunft

Seit vier Jahren wird Circulago geplant. Die bauliche Infrastruktur, wie das Gebäude der unterirdischen Seewasserzentrale, die Seewasserfassung und die Leitungen in die Stadtteile, ist von Beginn an auf den Endausbau dimensioniert. Die weiteren Teile der Infrastruktur werden dann fortlaufend, entsprechend dem Bedarf, ausgerüstet. Bis der Vollausbau erreicht ist, rechnet man mit einem Zeitraum von 20 Jahren. Die Anfangsinvestitionen sind hoch, der fortlaufende Ausbau kann dann jedoch etappiert erfolgen. «Dabei haben wir natürlich genauso die wirtschaftliche Rentabilität betrachtet. Wichtig ist mir die langfristige Betrachtung. Das Projekt ist auf die nächsten 60 bis 80 Jahre hin angelegt – ein ‹Generationenprojekt›. Und da wird es wahrscheinlich rentablere und weniger rentable Phasen geben, aber in der Gesamtbetrachtung sind wir damit sicher auf dem richtigen Weg», zeigt sich Andreas Widmer überzeugt.

«Der Umstieg auf umweltfreundliche Energien sollte uns allen etwas wert sein.»

Die Gesamtinvestitionen sind heute natürlich noch nicht absehbar, denn diese hängen stark vom Ausbau und Anschlussgrad in den kommenden Jahren ab: «Es sind jedoch sicher mehr als 100 Millionen Franken, die investiert und amortisiert werden müssen. Und dabei ist eines auch klar: Es gibt keinen Anschlusszwang, also werden wir unsere Leistungen auch wettbewerbsfähig zu den anderen Energieträgern, wie Gas oder Öl, anbieten», sagt Andreas Widmer.

Dem Ziel ein Stück näher

«Viel entscheidender darf für uns jedoch sein, dass wir in Zug den Grossteil der Gebäude schon bald ohne Belastung der Umwelt heizen könnten. Und damit einen erheblichen Beitrag auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft leisten», schliesst Andreas Widmer. Ein Ziel, das sich die Stadt Zug mit ihren Einwohnerinnen und Einwohnern, wohlgemerkt als Beschluss einer Volksabstimmung, selbst gesetzt hat.

Bildnachweis: iStock.com, WWZ Energie AG