transfer Ausgabe 02 | 2014

Sauberes Wasser

Das grösste Klärwerk der Schweiz vertraut auf Rittmeyer

Mit einem Klärvolumen von rund 80 Millionen Kubikmeter Abwasser ist das Züricher Klärwerk Werdhölzli das grösste und eines der modernsten der Schweiz. In den vergangenen fünf Jahren wurden hier nebst verschiedenen grossen Bauvorhaben, wie die Erneuerung der Biologie und Filtration, auch die gesamten elektro- und leittechnischen Einrichtungen ersetzt. Die Prozessqualität und Energieeffizienz der Anlage konnte somit deutlich verbessert werden.

Das Klärwerk Werdhölzli wurde 1926 mit einer einfachen mechanischen Reinigung in Betrieb gesetzt und sukzessive bis ins Jahr 1984 auf den heutigen Stand ausgebaut. Im Einzugsbereich des Klärwerks leben und arbeiten inzwischen etwa 670'000 Menschen. Sie verursachten im Jahr 2013 rund achtzig Millionen Kubikmeter Schmutzwasser, die im Werdhölzli über einen vierstufigen Prozess wieder aufbereitet und in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden. «Dies entspricht dem Fassungsvermögen von etwa 200 Supertankern», sagt Peter Wiederkehr, Leiter des Geschäftsbereichs Klärwerk Werdhölzli und stellvertretender Direktor von ERZ Entsorgung + Recycling Zürich.

Erweiterungen

Den wachsenden Anforderungen an die Reinigungsqualität und der prognostizierten Zunahme der Bevölkerung im Grossraum Zürich wird mit permanenten Erweiterungen Rechnung getragen: «In einer Kläranlage, die rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr sicher in Betrieb sein muss, werden laufend Erneuerungen und Revisionen fällig», sagt Peter Wiederkehr, und ergänzt: «Gleichzeitig besteht immer die Aufgabe, Prozessqualität und Energieeffizienz der Anlagen zu verbessern.» Das Klärwerk Werdhölzli verfügt seit Jahren über eine positive Energiebilanz. Mit der Inbetriebnahme der Klärschlammverwertungsanlage (KSV) Mitte 2015 wird auch der Energiefluss optimiert. Die KSV liefert ab diesem Zeitpunkt die notwendige Prozesswärme für das Klärwerk und für die Anlagen der Biogas Zürich AG. Das frei werdende Klärgas, welches jetzt die Energie (Strom und Wärme) liefert, wird bei der Biogas AG aufbereitet und ins Erdgasnetz der Stadt Zürich eingespeist. So können jährlich 14'000 t CO2 eingespart werden. Aus der Klärschlammasche soll in einigen Jahren zudem Phosphor zurückgewonnen und so ein weiterer Kreislauf geschlossen werden.

Ziel: Ein Leitsystem für alles

Zwischen 10 und 45 Mio. CHF investieren die Verantwortlichen im Werdhölzli jährlich. Eines der letzten grösseren Projekte wurde im Jahr 2009 initiiert: der Ersatz der gesamten Elektro- und Leittechnik. «Wir wollten mit einem Leitsystem alle Prozesse unserer gesamten Anlage abdecken», skizziert Peter Wiederkehr den wichtigsten Eckpunkt der damaligen Ausschreibung und erklärt weiter: «Rittmeyer hatte dazu das wirtschaftlich beste Angebot gelegt. Heute zeigen die Erfahrungen mit dem neuen Leitsystem RITOP zudem, dass es die beste Lösung ist, wovon wir von Anfang an überzeugt waren. Rittmeyer setzte auch ihr Migrationskonzept absolut überzeugend um. Dies war sehr wichtig, um beim Betriebspersonal sofort eine hohe Akzeptanz zu erreichen. Sie konnten praktisch vom Tag Null an die Funktionalität der Leitstelle für die gesamte Anlage nutzen.» Die Ablösung des bestehenden Leitsystems während des laufenden Betriebs mit geringstmöglicher Störung der Abläufe war eine der grössten Herausforderungen. Zuerst wurde das alte Leitsystem ohne Unterbruch ersetzt und dabei alle, auch die alten Steuerungen, auf das neue Leitsystem RITOP aufgeschaltet. Erst dann wurden, Zug um Zug, die Steuerungen der verschiedenen Anlagenteile ausgetauscht.

«Die Zusammenarbeit mit Rittmeyer ist sehr konstruktiv und befruchtend.»

Umfangreiches Projekt

Der gesamte Umbau der Leit- und Automatisierungstechnik nahm rund fünf Jahre in Anspruch. Umgesetzt wurde dabei ein durchgängiges Konzept – vom Prozessleitsystem bis in die Feldebene. Um ein Höchstmass an Sicherheit zu erlangen wurde das gesamte System mit drei redundanten RITOP-Servern als verteiltes System aufgebaut. Die Schaltschränke und Vorortsteuerkästen sind mit dezentraler Peripherie gelöst, die Vernetzung bis in die Feldebene zu den Niederspannungsschaltgeräten und Frequenzumformern erfolgt einheitlich via Profibus. Selbst bei einem Teilausfall ist so der sichere Betrieb der Anlage gewährleistet.

Insgesamt rund 30'000 physikalische Datenpunkte werden im Leitsystem erfasst, 40 grosse Steuerungen auf der Kläranlage und 30 Steuerungen im weitverzweigten Kanalnetz sorgen für einen sicheren und reibungslosen Betrieb. Die Leistungsfähigkeit des Prozessleitsystems RITOP überzeugt auch durch seine intuitive Bedienerführung: «Neben der Leitstelle sind etwa 20 Arbeitsplätze über das gesamte Gelände verteilt. Von jeder einzelnen Station ist, die entsprechende Berechtigung vorausgesetzt, die Steuerung des gesamten Klärwerks möglich», umreisst Peter Wiederkehr die Funktionalität.

All dies erforderte eine detaillierte Planung und umfassende Abstimmung durch die Experten auf beiden Seiten. Insbesondere der Ersatz der Elektrotechnik war äusserst anspruchsvoll in der Umsetzung, da alle Umbauten während des laufenden Betriebs erfolgten. «Die Zusammenarbeit mit Rittmeyer ist sehr konstruktiv und ich empfinde sie als sehr befruchtend», wie der Geschäftsbereichsleiter gerne bestätigt. «Beispielsweise werden alle Anlagenteile immer bei Rittmeyer simuliert, sodass wir die Software-Abnahmen bereits im Vorfeld im Werk erledigen können. Feinabstimmungen und etwaige Anpassungen sind somit gelöst, schon bevor wir den Anlagenteil im Werdhölzli in Betrieb nehmen. Ein solch effizientes Vorgehen begrüssen wir sehr.»

Nächste Ausbaustufe bereits in der Umsetzung

Nach einer intensiven Evaluationsphase wurde das Betriebsgelände Werdhölzli inzwischen auch als Standort zur Weiterverarbeitung des gesamten anfallenden Klärschlammes im Kanton Zürich ausgewählt. «Alleine in unserer Anlage ergeben sich jährlich bis zu 30'000 Tonnen entwässerter Klärschlamm», erklärt Peter Wiederkehr, «als zentrale Stelle zur Weiterverarbeitung und Verbrennung des Klärschlammes ist unsere Anlage für bis zu 100'000 Tonnen ausgelegt.» Wertvolle Rohstoffe und der Energieinhalt des Klärschlamms werden so bestmöglich genutzt. Die Umsetzung des 68 Millionen CHF teuren Projekts hat bereits begonnen, Mitte 2015 geht der Neubau in Betrieb.

Auch hierbei setzt das Klärwerk Werdhölzli auf die Technologie und Erfahrung von Rittmeyer in der Leittechnik.

Bildnachweis: ERZ Entsorgung + Recycling Zürich