transfer Ausgabe 02 | 2016

Saubere Nebennutzung

Wasserversorger setzt auf Wasserkraft

Der Zweckverband Wasserversorgung Kleine Kinzig (WKK) ist einer der vier Fernwasserversorger und der einzige mit einer Trinkwassertalsperre in Baden-Württemberg. In ihrer Anlage setzen sie – soweit möglich - seit vielen Jahren auf die Energieversorgung mit eigenproduziertem Strom aus Wasserkraft. Für das nächste grosse Projekt der Wasserversorgung ist der Einsatz einer weiteren Turbine angedacht, womit der Eigenbedarf auch zukünftig mit möglichst viel sauberem Strom abgedeckt werden soll.

Dreizehn Millionen Kubikmeter Wasser fasst die im Schwarzwald gelegene Trinkwassertalsperre Kleine Kinzig. Sie versorgt über ein 220 km langes Rohrnetz 61 Hochbehälter und ca. 250'000 Menschen mit hochwertigem Trinkwasser. Um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Anlage zu gewährleisten, wird sie laufend erweitert und modernisiert. So wurde kürzlich unter anderem das Prozessleitsystem sowie die Leitwarte erneuert und von Rittmeyer auf den aktuellen Stand der Technik gebracht.

Grosse Herausforderung

Die Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung des Trinkwassers ist mit einigem Aufwand verbunden. Über einen Entnahmeturm im Stausee gelangt das Wasser zuerst in die Vorreinigung, wo die Trübstoffe entfernt werden. Dann wird das Wasser turbiniert. «Vor einigen Jahren haben wir den erzeugten Strom ins Netz eingespeist und verkauft. Inzwischen ist das aber nicht mehr lukrativ, weshalb wir den Strom für die Eigenversorgung nutzen», erklärt Holger Hummel, Leiter der Elektrotechnik im WKK. Nach der Turbinierung wird das Wasser ozonisiert, mit Flockungsmittel versetzt und gelangt dann durch zwei Filterstufen. Da das Wasser, wie in vielen Oberflächengewässern, sehr weich ist, wird es dort aufgehärtet, bis es den entsprechenden Grad an Deutscher Härte für Trinkwasser entspricht. Vom Reinwasserbehälter aus wird das Wasser dann in zwei Stränge – den Nord- und den Weststrang – aufgeteilt. Während im Letzteren das Wasser im eigenen Gefälle bis zum ersten Hochbehälter läuft, muss es im Nordstrang mit Pumpen in höhere Stufen befördert werden.

Da Trinkwasser als Grundversorgung strengen Qualitätskriterien unterliegt, werden diese auch laufend im eigenen Labor geprüft. Die Talsperre sowie das umliegende Gebiet gehören zur Schutzzone I, womit alle Aktivitäten wie baden, fischen oder Boot fahren im Stausee verboten sind.

Energiemanagement

Neben der Sicherung der Trinkwasserversorgung und -qualität ist auch die Energieversorgung und -einsparung ein wichtiges Thema im Wasserwerk. Aufgrund dessen wurde kürzlich ein Energiemanagement eingeführt, um den Verbrauch möglichst stark zu verringern. Derzeit werden bei Umbauten und Erneuerungen möglichst alle Leuchtmittel auf LED umgestellt. «Die Aufbereitung des Trinkwassers ist relativ energieintensiv, beispielsweise die Ozonung oder der Betrieb der vier Pumpen. Deswegen haben wir beschlossen, den von uns erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, damit wir möglichst wenig Strom zukaufen müssen», erklärt Hummel. Um das zu bewerkstelligen, wurde die Rückspeisung der Trafostation umgebaut. Jährlich werden ca. 2 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt. Nicht im Werk verbrauchte Energie wird ins Netz eingespeist. Vor einiger Zeit wurde diskutiert, ob sich der Einsatz von Windkrafträdern lohnen würde, was jedoch aus den besonderen Schutzgründen für die Talsperre verworfen wurde. Vor Jahren gab es schon einmal die Überlegung, Solarpanels zu installieren, was aber aus mehreren Gründen nicht zustande kam.

Neue Turbine

Um den steigenden Energiebedarf im Wasserwerk auch zukünftig mit möglichst viel sauberem Strom abzudecken, wird derzeit gerade eine dritte Turbine im Verteilerbauwerk des Dammbauwerks installiert. Neben der Bereitstellung von Trinkwasser ist das Wasserwerk nämlich zudem verpflichtet, den Fluss Kleine Kinzig mit einer gewissen Menge an Wasser zu versorgen, was sowohl dem Fischbestand als auch den Einwohnern nützt. «Einige der Anwohner am Fluss betreiben Kleinwasserkraftwerke. Die benötigen natürlich eine konstante Wasserversorgung», sagt Hummel. Mit der neuen Turbine kann nun noch zusätzliche Energie aus dem Talsperrenwasser gewonnen werden, die bisher ungenutzt blieb.

«Nun ist alles aus einem Guss. Das war uns ein grosses Anliegen.»

Ständige Erweiterung

Seit der Inbetriebnahme der WKK im Jahre 1984, wurde die Anlage ständig erweitert. Dabei ist immer darauf zu achten, dass es zu keinem Versorgungsunterbruch kommt, was jeden Umbau zu einer besonderen Herausforderung machen kann. «Mit Rittmeyer hat das bisher immer alles auf Anhieb funktioniert – die Erneuerung des Leitsystems verlief absolut problemlos», sagt Hummel. Neben dem Prozessleitsystem RITOP und der Leitwarte, kommen auch das Automatisierungs- und Fernwirksystem RIFLEX M1 sowie das RITAS Alarmierungssystem zum Einsatz. Derzeit werden auch alle eigenen Aussenstationen von Rittmeyer ausgestattet. «Nun ist alles aus einem Guss. Das war uns ein grosses Anliegen», so Holger Hummel.

Das nächste grosse Projekt der Wasserversorgung könnte die mögliche Erweiterung in Richtung Kinzigtal sein. Damit müsste eventuell ein Aussenbehälter erweitert oder erneuert werden, in dem man – je nach Lage – eine weitere Turbine zur Energieversorgung einsetzen könnte. In den rund 61 Aussenbehältern betreibt das Wasserwerk – zusammen mit seinen Verbänden – bereits fünf Turbinen.

Von der Kapazität her könnte die Wasserversorgung Kleine Kinzig im Moment doppelt so viele Menschen mit Trinkwasser versorgen. Auch der Nachschub ist für einige Zeit gesichert. «Bei voller Aufstauung sind wir in der Lage, für ca. zwei Jahre Trinkwasser bereitzustellen – ohne dass ein Tropfen nachfliesst», erklärt Holger Hummel und ergänzt: «Die Versorgung unserer Kunden mit dem Grundnahrungsmittel Wasser ist also gesichert.»