transfer Ausgabe 01 | 2017

Neue Trans­parenz in der Ab­wasser­reinigung

RITUNE als perfekte Ergänzung zum Leitsystem

Die Abwasserreinigungsanlage der Stadt Nürtingen in Baden-Württemberg setzte auf einen sanften Einstieg mit RITUNE. Seit einem Jahr werden dort die Empfehlungen der Optimierungssoftware manuell umgesetzt. Die bisher gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, dass RITUNE auch bei einer vom Leitsystem unabhängigen Installation grosse Vorteile hat. Zukünftig soll das System nach und nach aktiv in die Prozesse eingreifen können.

Rund um die Uhr eine funktionsfähige Abwasserreinigung zu gewährleisten, ist eine grosse Herausforderung für die ­Betreiber. In einem Einschicht-Betrieb wie der ARA Nürtingen bedeutet das, dass die gesamte Steuer- und Messtechnik der Anlage zwei Drittel des Tages über eine Automatik abgedeckt werden muss. Dabei trotzdem jederzeit die Kontrolle über die komplexen Klärprozesse zu behalten, ist eine entsprechend grosse Herausforderung. Ein zuverlässiges Leitsystem zur Verarbeitung der Informationen und Daten ist deshalb unabdingbar. Für viele ist das auch ein Grund, nicht in diesen Ablauf eingreifen zu wollen, um den zuverlässigen Prozess nicht zu gefährden.

Abgekoppeltes Leitsystem

«Als das Thema RITUNE bei uns aufkam, war mir anfangs wichtig, dass die Steuerung des laufenden Betriebs über das Leitsystem unangetastet bleibt», erklärt Mathias Thiele, Betriebsleiter der ARA ­Nürtingen. Da die Optimierungssoftware komplett vom Leitsystem entkoppelt genutzt werden kann, fiel dem Betriebsleiter die Entscheidung dann doch sehr leicht. Inzwischen analysiert und kombiniert RITUNE die vorhandenen Daten der Kläranlage prozessübergreifend und liefert den Verantwortlichen daraus resultierende gezielte Handlungsempfehlungen und Optimierungspotenziale. Derzeit überträgt das ARA-Personal diese Empfehlungen jedoch noch ausschliesslich durch manuelle Eingriffe in das Leitsystem, in einigen Bereichen ist aber schon eine Automatisierung geplant.

Eine der grössten Herausforderungen der ARA Nürtingen sind die zwei verschiedenen biologischen Reinigungsverfahren, die kombiniert werden müssen: das Belebtschlammverfahren und die wesentlich ältere Tropfkörperstrasse. Da die Aufteilung der Frachten nicht immer optimal funktionierte, wurde eigens hierfür ein spezielles RITUNE-Modul von Rittmeyer entwickelt, um die beiden Verfahren bestmöglich zu kombinieren. «In der Praxis hat sich das bereits bewährt. Die Empfehlungen von RITUNE wurden von uns manuell über die Handschieber umgesetzt, wodurch wir zuverlässig Verbesserungen erzielen konnten», sagt Mathias Thiele. Aus diesem Grund wurden die Schieber zwischenzeitlich automatisiert, damit RITUNE zukünftig deren Steuerung via Leitsystem ganz übernehmen kann.

Weitere Schritte

Derzeit sind in der ARA Nürtingen zudem die Module Dashboard, Visualisierung, Sensorüberwachung, Pumpenüberwachung und die Schlammalteroptimierung im Einsatz. Die Empfehlungen von RITUNE werden auch dort noch manuell umgesetzt, was gut funktioniert: «Die Optimierungen, die wir derzeit noch getrennt vom Leitsystem vornehmen, bestätigen sich in der Praxis», sagt Mathias Thiele. Was dem Betriebsleiter derzeit noch fehlt, aber für die Zukunft angedacht ist, ist ein Steuerungsmodul für die Überwachung der Regenüberlaufbecken. «Mit einer Automatisierung und der intelligenten Steuerung durch RITUNE könnten wir für eine sinnvolle Abwirtschaftung der Becken sorgen», sagt der Betriebsleiter. An der Automatisierung der erforderlichen Anlagenteile und der Anbindung an das Leitsystem wird zurzeit gearbeitet.

«Kein Mensch kann das leisten, was RITUNE in kurzer Zeit schafft – das muss man sich zunutze machen.»

Bedürfnisorientiert

Mathias Thiele weiss die Vorzüge von RITUNE sehr zu schätzen. Das liegt vor allem an der Flexibilität des Softwarepakets, der bedienerfreundlichen Visualisierung und den vielen Möglichkeiten, die sich durch die Module ergeben. «RITUNE übernimmt viele Aufgaben, die ein Mensch niemals in derselben Zeit schaffen würde. Ein grosser Vorteil ist also, dass ich Zeit spare», sagt der Betriebsleiter. Durch die übersichtliche Darstellung sämtlicher Prozesse im RITUNE-Dashboard, erhält Thiele auf einen Blick alle relevanten Informationen zu seiner Anlage, die er vorher noch aus mehreren Seiten aus dem Leitsystem zusammentragen musste. Neben der daraus resultierenden Zeitersparnis, sind es vor allem auch die Auswertungsmöglichkeiten der anfallenden Daten, die ihn begeistern. «Früher hatte man nur ein paar wenige Werte, die man sich noch von Hand notieren musste. Heute ist das genau umgekehrt – über das Leitsystem werden täglich unzählige Messdaten gesammelt. Eine derartige Analyse dieser Datenmenge ist von Menschenhand unmöglich», erklärt der Betriebsleiter.

Ideen aus der Praxis

Seit der Installation sorgt RITUNE für eine bislang unbekannte Transparenz, woraus sich völlig neue Optimierungsmöglichkeiten für Mathias Thiele ergeben. Hierbei schätzt er auch die Unterstützung und Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern von Rittmeyer: «Wir konnten von Anfang an unsere Wünsche und Ideen zur Anpassung einzelner Module miteinbringen. Vieles davon wurde bereits umgesetzt», erzählt Thiele. RITUNE unterstützt ihn zudem bei der Überwachung der Anlage: «Veränderungen können so rasch und sicher erkannt werden.»

«Die Optimierungen, die wir derzeit noch getrennt vom Leitsystem vornehmen, bestätigen sich in der Praxis.»

Weitere Vorhaben

In nächster Zeit könnten einige bauliche Veränderungen auf die ARA zukommen. «In den letzten Jahren wird ja sehr viel über die Einführung der vierten Reinigungsstufe diskutiert, weshalb wir eine Machbarkeitsstudie beauftragen möchten», erklärt der Betriebsleiter. Aufgrund des begrenzten Raumes auf dem ARA-Gelände wäre es für die Umsetzung des Verfahrens notwendig, die Tropfkörperstrasse zurückzubauen. «Das hat sowohl platz- als auch verfahrenstechnische Gründe. Wir würden dann zusätzlich zur vierten Reinigungsstufe eine zweite Belebtschlammstrasse bauen, da sie eine viel bessere Reinigungsleistung aufweist», sagt Mathias Thiele.

Neben verbesserter Klärergebnisse, würde durch den Umbau auch die Optimierung der Prozesse und damit die Automatisierung um ein Vielfaches einfacher werden.

Für die Zukunft fühlt sich Mathias Thiele jedenfalls gut gerüstet – und das trotz der stetig steigenden Anforderungen. «Wir sind natürlich laufend mit technischen Neuerungen konfrontiert. Um das alles zu bewältigen, muss man sich eben Unterstützung holen», meint Thiele augenzwinkernd und ergänzt: «Mit RITUNE klappt das sehr gut. Was dieses System in so kurzer Zeit leisten kann, das muss man sich einfach zunutze machen.»