Mehr Wasser

Erweiterung und Erneuerung der Seewasseraufbereitungsanlage

Die Produktionskapazität der Trinkwasseraufbereitungsanlage in Cudrefin im Schweizer Kanton Waadt wurde um 50 Prozent erhöht. Neben verschiedenen Verbesserungen an der Aufbereitungskette und dem Austausch der Aktivkohle erhielt die Anlage auch eine komplett neue Steuerung und Leittechnik von Rittmeyer.

Die ABV, der interkommunale Verein für die Wasserversorgung der Waadtländer und Freiburger Gemeinden La Broye und Vully, betreibt zwei Aufbereitungsanlagen für Wasser aus dem Neuenburgersee – Eine in Portalban (Kt. Freiburg) und eine in Cudrefin (Kt. Waadt).

Räumlichkeiten und Pumpanlagen in Cudrefin wurden bereits beim Bau im Jahr 2012 so ausgelegt, dass eine Erhöhung der Produktionskapazität von ursprünglich 3 000 m3 auf 4 500 m3 pro Tag möglich ist. Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der Ansiedlung von Industriebetrieben in der Region wurde dieser Ausbau bereits in den Jahren 2021 und 2022 realisiert – einige Jahre früher als vorgesehen: «Wir übernehmen damit einen Teil der Produktion, die eigentlich aus Portalban geplant war», erklärt Brunnenmeister Thierry Bovet. «Es ist nicht möglich, die dort befindliche Station zu renovieren. Es müsste ein neues Gebäude in derselben Gegend geplant werden, was mehr Zeit in Anspruch nimmt als eine Sanierung. Außerdem darf man nicht vergessen, dass sich das Projekt in einem geschützten Gebiet befindet.»

Sichere Aufbereitung

Cudrefin fördert das Wasser aus einer Tiefe von rund 44 m Tiefe aus dem Neuenburgersee. Die hydraulischen Bedingungen sind optimal: Die Seeoberfläche liegt auf der gleichen Höhe wie die Station, sodass das Wasser frei fliessend zum Rohwasserbrunnen der Station gelangt. Die Anlage selbst besteht derzeit aus einer dreistufigen Aufbereitung mit zwei getrennten Linien. Nach der Vorfiltration mit einer groben Maschenweite von 300 μm und einer tangentialen Ultrafiltration über Hohlfasern wird das Wasser über Aktivkohlefilter geleitet. Das Volumen der Filter wurde aufgrund der Kapazitätserweiterung angepasst und die körnige Aktivkohle nach den ersten neun Betriebsjahren ausgetauscht.

In einem vorgelagerten Pilotversuch hat ABV hierzu mit verschiedenen Arten von Aktivkohle experimentiert. Grund dafür ist die Belastung des Neuenburgersees mit Chlorothalonil-Metaboliten, eine Problematik des gesamten Schweizer Mittellands. Neueste Forschungsergebnisse hätten gute Resultate in Bezug auf die Entfernung von Chlorthalonil und seinen Metaboliten durch Aktivkohlefilterung gezeigt, wie Thierry Bovet erklärt: «Die Analysen zeigten, dass diese Metaboliten auch im Wasser des Neuenburger Sees vorkommen. Daher wollten wir diesen Stoff so gut wie möglich entfernen und entschieden uns für Aktivkohle, welche die beste Absorption aufweist.»

Im Hinblick auf die neuen Anforderungen wurde die Anlage so konzipiert, dass nach der Ultrafiltration eine Ozonbehandlung des Wassers durchgeführt werden kann. Um eine perfekte Hygiene im gesamten Trinkwassernetz zu gewährleisten, wird das Wasser zusätzlich mit niedrig dosiertem Natriumhypochlorit desinfiziert und anschliessend mit drei Pumpen ins Netz sowie höhere gelegene Reservoire befördert.

«Die Unterstützung durch Rittmeyer war hervorragend.»

Thierry Bovet, Brunnenmeister bei ABV

Neue Leittechnik

Mit der Modernisierung der Anlage in Cudrefin wurde eine neue Architektur des Leitsystems der ABV eingeführt. Die ABV wollte die Betriebssicherheit, die Verfügbarkeit des Leitsystems sowie die IT-Sicherheit erhöhen: In den Aufbereitungsanlagen Cudrefin und St. Aubin wurden dazu zwei RITOP-Server von Rittmeyer installiert. Von den dortigen RITOP-Arbeitsplätzen kann man auf die jeweils andere Station wie auch auf das komplette Netz zugreifen. 

«Aufgrund der Komplexität der Aufbereitung und der Bedeutung der Versorgung war dieser Schritt wichtig», sagt Thierry Bovet. Im gesamten Netz sind über 20 RIFLEX M1-Prozessstationen im Einsatz. Sie steuern und überwachen die beiden Aufbereitungsstationen sowie mehrere Pumpstationen und Reservoire. Leitstellen und Unterstationen kommunizieren über das IEC 60870-5-104-Protokoll und sind in der Regel über SHDSL-Leitungen oder über das Internet mittels gesicherter Verbindungen ins ABV-Netz eingebunden.

Umbau und Betrieb

Der mehrmonatige Umbau der Anlage während des laufenden Betriebs war eine grosse Herausforderung. «Während dieser Zeit blieben genau drei Wochen, in denen wir die Aufbereitungsstation komplett vom Netz nehmen konnten», erinnert sich Thierry Bovet. Da nicht nur Teile der Hydraulik, sondern auch die gesamte Steuerungs- und Leittechnik ersetzt werden sollte, war die Vorbereitung entscheidend. «Rittmeyer hat uns dabei hervorragend unterstützt», bestätigt der Brunnenmeister gerne.

ABV

Die ABV (Association intercommunale pour l’alimentation en eau potable des communes Vaudoises et et Fribourgeoises de la Broye et du Vully) wurde 1970 von waadtländischen und freiburgischen Gemeinden gegründet, um zunächst die Versorgung der unteren Broye, und später auch des Vully zu gewährleisten.

Die Wasserreserven umfassen mehr als 10 000 m3. Das ABV-Netz umfasst rund 40 km kommunale Versorgungsleitungen, um den Mitgliedsgemeinden der Vereinigung Trinkwasser zuzuführen. Eine Seeleitung verbindet dabei Praz und Murten.

a-b-v.ch