transfer Ausgabe 02 | 2018

Klein und fein

Zwanzigjährige SPS findet den Weg in die Cloud

Die Steuerungen der Abwasserreinigungsanlagen der Schweizer Gemeinde Valsot im Unterengadin sind in die Jahre gekommen. Für eine Gesamterneuerung der Automatisierung gab es kein Budget. Mit der RITUNE® VisualBox von Rittmeyer gelang jedoch ein erster Schritt in die Zukunft: technisch einfach und kostengünstig.

Irgendwann im Herbst ist es, Sonntagnacht, 2 Uhr 34, es stürmt im Unterengadin. Ein heftiges Gewitter tobt nahe der Landesgrenze zu Österreich. Gisep Gustin, Leiter Versorgungsbetriebe und Klärmeister der Gemeinde Valsot, schreckt aus dem Schlaf: Wie nicht selten in letzter Zeit klingelt das Diensthandy. Eine SMS zeigt an: «Störung. ARA Martina.» Die Anlage ist 20 Jahre alt, eine Fernwartung gibt es nicht, Genaueres zum Fehler gibt die Textmeldung nicht her. Also hilft es nichts: Aufstehen, ankleiden, durch den strömenden Regen zum Auto und zwanzig Minuten zur ARA fahren. Nachschauen. Ein Gebläse im Belebungsbecken hat abgestellt, das zweite wurde deshalb automatisch eingeschaltet. Für den Betrieb bringt das keine Einschränkung, also eigentlich nichts Wichtiges. Diese Kontrolle hätte Zeit gehabt bis zum anderen Morgen. Die Fahrt im Grunde umsonst, dazu ein hellwacher Klärmeister und mehr als eine Stunde unnötiger Zeitaufwand auf dem Arbeitsrapport.

Alte Anlagen

Die beiden grösseren Kläranlagen der Gemeinde Valsot stehen in den Ortsteilen Ramosch und Martina und sind für jeweils 1'000 Einwohnerwerte ausgelegt. Die Anlagen verfügen über eine zentrale SPS, die in beiden Fällen jedoch über zwanzig Jahre alt ist. An Erweiterungen dieser Steuerungen muss man gar nicht erst denken, Ersatzteile gibt es längst nicht mehr. Aber Störungen nehmen zu, und damit auch Einsätze wie eingangs beschrieben.

Da kam der Vorschlag von Rittmeyer wie gerufen, mit einer Cloud-Lösung der bestehenden Anlage neues Leben und vor allem eine moderne Funktionalität einzuhauchen: Über eine Kleinsteuerung als Gateway werden die Signale aus der alten SPS ausgekoppelt und in die Rittmeyer-Cloud übertragen. Von jedem Ort aus hat der Klärmeister nun mit einem Internet-Browser Zugriff auf eine moderne Überwachungsoberfläche, die RITUNE® VisualBox.

Geringe Initialkosten

«Was mich gleich besonders begeistert hat, ist, dass wir mit dieser Lösung steuerungsseitig Schritt um Schritt die Anlage ausbauen können», erinnert sich Gisep Gustin.

«Die initialen Kosten waren klein und der unmittelbare Nutzen gross. So konnten wir den Gemeinderat rasch überzeugen.»


Gisep Gustin, Leiter Versorgungsbetriebe und Klärmeister der Gemeinde Valsot

Von Vorteil ist auch, dass Valsot dadurch die gesamte Investition in eine eigene IT-Infrastruktur erspart blieb. Anwendung und Serverplattform liefert Rittmeyer aus der Cloud, die Kosten für notwendige Wartungen sind über die Servicemiete abgedeckt. Und falls Gisep Gustin Unterstützung im Betrieb des Systems benötigt, dann ist das sehr einfach. Denn der Rittmeyer-Service kann nötigenfalls genau wie er aus der Ferne auf die Anlage schauen.

Tolle Visualisierung ...

Das Schaltbild mit dem Klärprozess wurde für die RITUNE VisualBox komplett digitalisiert: «Ich sehe jetzt auf meinem Laptop dieselbe Darstellung wie in der Anlage vor Ort», schwärmt Gisep Gustin. «Und ein völlig neuer Komfort ist, dass ich im Schaltbild direkt verschiedene Parameter auswählen und mir deren Werte in einer Grafik visualisieren lassen kann. Und: Ich habe überall her darauf Zugriff.»

... und die gesamte Messwerthistorie

Angenehmer Nebeneffekt der Cloud-Lösung ist zudem, dass die gesamte Historie einer Messgrösse verfügbar ist. «In der Grafik sehe ich nicht nur den aktuellen Status, sondern den gesamten Verlauf und kann einen einzelnen Messwert so auch ‹einordnen›», erklärt Gisep Gustin und vergleicht das mit der Situation davor: «Bislang hatte ich nur einen Papierschreiber, der einen einzelnen Wert aufzeichnet. Und diesen Ausdruck in Bezug zu setzen zu weiteren Parametern, ist schwer, eher unmöglich. Natürlich hilft da die Erfahrung, aber jetzt sehe ich das nebeneinander ganz genau und auf einen Blick.» Alle Messwerte sind auch in einer Tabelle numerisch abgelegt und können von dort 1:1 für den Bericht an die Behörde übernommen werden.

Sichere Alarmierung

In der Alarmliste sind alle Alarme aufgeführt und mit dem jeweiligen Status dazu dokumentiert. Die Alarmierungen können über den Fernzugriff zugeordnet und beispielsweise an das Mobiltelefon der Stellvertretung weitergeleitet werden. Mit dem alten Alarmsystem musste das mühsam umgestellt werden und gelang zudem nur vor Ort. Die Cloud-Lösung bringt dabei einen weiteren Vorteil mit: Die Alarmierung wird auch bei einem Stromausfall in der Anlage ausgelöst. Die Kleinsteuerung, über welche die Signale aus der alten SPS ausgekoppelt werden, wird über eine Pufferbatterie gespeist und bleibt bei Stromausfall verbunden. Die Alarmierung geschieht dann direkt aus der Cloud.

Viel mehr Komfort

Alles in allem bringt die neue Lösung eine grosse Zeitersparnis mit sich.

«Ich sehe alles auf einen Blick, muss nicht vor Ort fahren, habe immer beide Anlagen ‹bei mir›. Das ist viel weniger Aufwand.»

Ob es damals im Herbst bei jenem Gewitter genauso war, wie eingangs erwähnt, lässt sich zwar nicht mehr nachvollziehen. Aber so ähnlich dürfte es gewesen sein. Gisep Gustin jedenfalls freut sich über die vielen neuen Funktionalitäten, die ihm die RITUNE VisualBox bietet, aber vor allem über eines: «Unnötige Vor-Ort-Einsätze in der Nacht sind jetzt vorbei.» Seit seine «alte» Kläranlage mit der RITOP Cloud verbunden ist, kann er von zu Hause aus erstmal in aller Ruhe nachsehen, welches Problem tatsächlich zum Alarm geführt hat – und entscheiden, ob die Lösung bis zum nächsten Tag warten kann. Und dann schon wenige Minuten später wieder weiterschlafen.