transfer Ausgabe 02 | 2019

Blick in die Tiefe

Datenstudie zum Schaltverhalten von Grundwasserpumpen

Die Aziende Industriali di Lugano (AIL) SA sind die grössten Wasserversorgerinnen im Tessin. Sie gehören zu den grössten der Schweiz. Das Versorgungsnetz ist weit verzweigt, die Steuerung komplex. In einem Teilabschnitt schalteten die Grundwasserpumpen häufiger als vorgesehen. Mit Rittmeyer fand man die Ursachen.

Die Grundwasserpumpen zweier Pumpwerke fördern das Wasser in die Reservoire einer gemeinsamen Wasserbehandlungsanlage. Von dort aus wird es auf Anforderung in zwei höhergelegene Reservoire gepumpt. Das Ein- und Ausschalten der Pumpen erfolgt automatisch bei entsprechendem Füllstand der Reservoire.

Verschleiss höher als erwartet

«Zwei der Bohrlochpumpen mussten nun nach bereits 15 Jahren Betrieb revidiert werden», schildert Antonello Gatti, Betriebsleiter Wasserversorgung bei der AIL SA, die Ausgangssituation. Dies war mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass diese Grundwasserpumpen häufiger als üblich schalteten, und deshalb einen deutlich höheren Verschleiss aufwiesen als in vergleichbaren Installationen. «Wir wussten, dass die Pumpen an einzelnen Tagen teilweise in sehr kurzen Zeitsequenzen ein- und ausgeschaltet wurden», sagt Antonello Gatti. Die Ursachensuche gestaltete sich allerdings schwierig, denn eine schlüssige Reproduktion des fehlerhaften Verhaltens gelang Tage später nicht mehr.

«Es brauchte Praxiskenntnisse und den wissenschaftlichen Ansatz gleichermassen, um ein solches Problem identifizieren und nun auch lösen zu können.»

Antonello Gatti, Betriebsleiter Wasserversorgung, AIL SA Lugano

Ursachensuche mit wissenschaftlichem Ansatz

Gatti gelangte schliesslich an Rittmeyer, um Möglichkeiten zur Optimierung der Pumpensteuerung in der Leittechnik auszuloten. Damit das fehlerhafte Verhalten der Pumpen eingegrenzt werden konnte, machte Rittmeyer den Vorschlag, die Daten eines gesamten Jahres aus dem RITOP-Leitsystem sowie dem Betriebsprotokoll abzuziehen und die Pumpenschaltungen statistisch zu analysieren. Die Anzahl der Schaltungen wurde hierbei im Jahresverlauf tagesgenau in sogenannten Heatmaps visualisiert, denn durch das farbliche Muster sind Tage mit erhöhter Schaltanzahl rasch erkennbar. Mit Box-Plots wurden verschiedene Streuungs- und Lagemasse zusammengefasst. Sie wiederum gaben Aufschluss über die Verteilung der Anzahl täglicher Pumpenschaltungen und machten so die Ausreisser sichtbar.

Überraschendes Ergebnis

Ein Umweltingenieur bei Rittmeyer analysierte schliesslich diese Daten. Er konnte erkennen, dass beim Pumpen in die höhergelegenen Reservoire – und folgend einem starken Absinken des Reservoirfüllstands der Wasseraufbereitungsanlage – das Wasser aus den beiden Grundwasserpumpwerken nicht schnell genug nachfloss. Daraus liess sich ableiten, dass einerseits die Grundwasserpumpen möglicherweise zu träge auf die Anforderung reagieren, andererseits das Nachfliessen des Wassers durch die UV-Aufbereitungsanlage zu stark verzögert wird. «Dieses Ergebnis war für uns überraschend, aber half uns genau zum richtigen Zeitpunkt», bestätigt der Teamleiter der Brunnenmeister Luigi Albisetti. «Wir müssen ohnehin die in die Jahre gekommene UV-Aufbereitungsanlage durch eine neue ersetzen, und können so die richtigen Rahmenbedingungen dafür finden.»

Aus der Studie ging ausserdem hervor, dass sich eine weitere Verbesserung der Schaltbedingungen durch eine leichte Veränderung der Reservoirbewirtschaftungskurve erreichen liesse. «Diese Anpassungen wollen wir aber erst umsetzen, wenn die neue UV-Anlage sowie die neuen drehzahlgeregelten Pumpen installiert sind. Nur dann werden wir die neuen Bedingungen exakt kennen», erklärt Federica Zanni, Verantwortliche für die Lebensmittelsicherheit bei AIL SA. Eine erste Schätzung geht davon aus, dass sich mit der neuen UV-Anlage und angepassten Grenzwerten in der Anlagensteuerung ein Viertel der Pumpenschaltungen vermeiden lassen.

Wissenschaft + Praxis

Antonello Gatti freut sich über das Ergebnis: «Es brauchte Praxiskenntnisse und den wissenschaftlichen Ansatz gleichermassen, um ein solches Problem identifizieren und nun auch lösen zu können.

Rittmeyer bringt beides mit: Sie kennen die Abläufe, die Prozesssteuerung und verfügen über die analytischen Werkzeuge und Methoden. So konnten wir uns rasch verständigen.» Mit den eigenen Ressourcen kann AIL SA solche Aufgabenstellungen auch in Zukunft nicht bewältigen. Der Betriebsleiter ist sich sicher: Die Methoden der Studie sind genauso für weitere Optimierungen am Wasserversorgungsnetz der AIL SA anwendbar. Und diese Dienstleistung kann er dann zum Zeitpunkt seiner Wahl einfach einkaufen.

Bildnachweis: AIL SA (Titelbild)