transfer Ausgabe 02 | 2017

Aus überschüssigem Strom wird Wärme

Power-to-Heat-Anlagen als Regelgrösse in Verbundsystemen

In Niedergösgen besteht mit dem Flusskraftwerk und einer naheliegenden Papierfabrik eine interessante Kombination aus Stromproduzenten und einem Wärmeabnehmer. Die Alpiq AG, Besitzerin des Flusskraftwerks, betreibt dort seit April 2017 eine Power-to-­Heat (P2H)-Anlage* als Regeleinheit.

Die gegebenen Voraussetzungen sind ideal. In geringer Distanz befinden sich in Niedergösgen ein Flusskraftwerk, das Strom mit dem Wasser der Aare produziert, ein Kernkraftwerk und die Papierfabrik der Model AG. Bisher bezog die Papierfabrik den für ihre Produktion benötigten Prozessdampf aus dem Kernkraftwerk. «Wenn das Kernkraftwerk wie jedes Jahr für die Revision einige Zeit stillsteht, muss die Papierfabrik den Dampf selbst erzeugen und dafür rund 60'000 Liter Öl pro Tag verbrennen», erzählt Pierre-Alain Herren, Head Asset Development bei der Alpiq AG. «Da stellte sich natürlich die Frage, wie man diese Versorgungslücke überbrücken und Dampf möglichst umwelt- und ressourcenschonend produzieren kann.» Hierfür bietet sich eine P2H-Anlage an, die Strom aus erneuerbaren Energien in Wärme umwandelt. Während der Revision des Kernkraftwerks versorgt nun diese die Papierfabrik mit dem benötigten Prozessdampf.

Dampf aus Elektrodenheizkesseln

Dazu wurde auf dem Gelände des Flusskraftwerks innerhalb von sechs Monaten ein Betriebsgebäude errichtet, die entsprechenden Heizkessel installiert und die benötigten Leitungen verlegt. Im Kesselhaus befinden sich zwei Elektrodenheizkessel mit je 11 MW Leistung, die Strom in Wärme umwandeln und den so gewonnenen Dampf direkt in die Dampfleitung, die vom Kernkraftwerk zur Papierfabrik führt, einspeisen.

«22 MW sind eine Leistung, die wir das ganze Jahr über durch unser Flusskraftwerk zur Verfügung haben», erklärt Pierre-­Alain Herren. «Nur an einzelnen Tagen im Winter, an dem der Zufluss der Aare einfach nicht ausreicht, ist dies nicht möglich.»

Als Regelleistung einsetzbar

Die meiste Zeit aber wird Alpiq die Leistung der P2H-Anlage von 22 MW am Regelenergiemarkt anbieten. «Das Stromnetz stabil zu halten, stellt eine immer anspruchsvollere Aufgabe dar. Denn je mehr Erzeuger, die Strom aus alternativer Energie wie Sonne und Wind gewinnen, ans Netz angeschlossen werden, umso höher ist der Regelbedarf», erläutert Pierre-Alain Herren. «Am Regelenergiemarkt gleicht der Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid Differenzen zwischen dem produzierten und dem verbrauchten Strom aus. Überschüssigen Strom kann er nun auch an unsere P2H-Anlage liefern.» Die Lage der Anlage ist gut gewählt, liegt sie doch mit ihrer Nähe zum Flusskraftwerk und zum Kernkraftwerk direkt an der notwendigen Stromnetzinfrastruktur.

«Unsere Power-to-Heat-Anlage steht Swissgrid als negative Regelleistung zur Verfügung und trägt so dazu bei, das Versorgungsnetz stabil zu halten.»

Pierre-Alain Herren, Head Asset Development bei Alpiq AG

Lösung für Energieverbund

Die P2H-Anlage in Niedergösgen zeigt auf sehr kleinem Raum eine interessante Lösung für Energieverbünde auf. Diese eignen sich insbesondere dann als Regelelement, wenn es innerhalb eines Verbundes Industrieunternehmen gibt, die Wärme benötigen, oder ein Fernwärmenetz angeschlossen ist.

Bildnachweis: Alpiq AG

* Mit dem Beschluss der Energiestrategie 2050 wandelt sich das Energieversorgungsnetz stark. Mit Power-to-Heat-Anlagen ist eine bessere Integration von ‹Erneuerbaren Energien› in das ‹Intelligente Stromnetz› möglich. Speisen Windenergie- und Photovoltaikanlagen stark ins Netz ein und ist die Nachfrage gleichzeitig gering, wandeln P2H-Anlagen den überschüssigen Strom in Wärme um. Diese kann für Heizungsanlagen, zur Warmwasserbereitung oder in industriellen Prozessen verwendet werden und trägt damit zur Brennstoffeinsparung bei.