transfer Ausgabe 01 | 2021

Alles unter einem Dach

Von Synergien, Potenzialen – und Konflikten

Die Gemeindewerke Pfäffikon ZH vereinen alle kommunalen Ver- und Entsorgungsbereiche unter einem Dach. Sie liefern Strom, Trinkwasser, Gas und Fernwärme aus drei Wärmeverbunden. Ausserdem sind die Werke für die Siedlungsentwässerung, die Abwasserreinigung und die Abfallbewirtschaftung zuständig. Hat man alles in einer Hand, entstehen Synergien, aber mitunter auch Konkurrenz im eigenen Haus. Betriebsleiter Dumeng Tönett und Stefan Russer, Leiter des Bereichs Fernwärme, geben uns einen Einblick in Strategie und Vision der Gemeindewerke.

Bereit für die Energiewende

Auf dem Weg zur Energiewende ist Pfäffikon sehr ambitioniert. Bereits vor Jahren wurde ein Energieplan erstellt, welcher die strategischen Ziele zur Reduktion des Energieverbrauchs und der Transformation hin zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Gemeinde aufzeigt. Klare Legislaturziele sind darin Wegweiser für die Weiterentwicklung der Netze und des Angebots der Gemeindewerke. «Wir sind schon gut unterwegs», freut sich Dumeng Tönett. Der Verkauf von Fernwärme nimmt über Plan zu, ebenso der Ausbau erneuerbarer Energien in der Gemeinde. Zudem konnten die nicht erneuerbaren Primärenergieanteile der Wärmeverbunde bereits stärker als vorgesehen reduziert werden. Seit über 20 Jahren setzen die Gemeindewerke Pfäffikon auf Fernwärme. Heute betreiben sie drei Verbundnetze mit unterschiedlichen Technologien zur Wärmeerzeugung: Der Wärmeverbund ‹Schanz› liefert Wärme aus einer Holzschnitzelheizung, ‹Matten› nutzt die thermische Energie des Grundwassers, ‹Tumbelen / Stogelen› jene aus Seewasser.

«Die Energiewende schaffen wir nicht ohne Gas – zur Spitzen­abdeckung und als Redundanz für die Fernwärme.»

Dumeng Tönett, Betriebsleiter, Gemeindewerke Pfäffikon ZH

Herausforderung Transformation

Als Betreiber von Gas- und Fernwärmenetzen beraten die Gemeindewerke Kunden bei der Wahl der Energieform unvoreingenommen. Beide Systeme hätten Vor- und Nachteile, und die Entscheidung müsse je nach Situation, Projekt und Gegebenheiten im Quartier erfolgen. Aus der Sicht des Gasversorgers gibt es laut Tönett natürlich trotzdem offene Fragen. So konkurrenziert die Gasversorgung mitunter die Fernwärme. Dessen ist sich der Betriebsleiter bewusst. Verfolge man den derzeitigen Ausbaustopp von Gas weiter, müsse man sich fragen, wie die noch fehlende Amortisation des allfällig vorhandenen Netzes gedeckt werden kann. Entscheidend sei jedoch, sich darüber Gedanken zu machen, welche Rolle Gas in Zukunft spielen kann und wird – Stichwort Netzkonvergenz. Tönett ist überzeugt, dass man in der Wärmeversorgung kurz- und mittelfristig nicht ohne Gas auskommen wird: «Jeder unserer Wärmeverbunde hat einen gasbetriebenen Spitzenlastkessel, der auch zur Überbrückung bei Störungen oder Revisionsarbeiten dient. Zudem benötigt die Industrie die Versorgung mit Prozessgas», erklärt Tönett. Aber auch in der Gasversorgung sorgt man in Pfäffikon für mehr Nachhaltigkeit. So liegt der Anteil an Biogas im Netz bereits bei 20 Prozent, Tendenz steigend.

Fernwärme stark im Kommen

In Pfäffikon gäbe es einen starken Trend zur Fernwärme, erklären Tönett und Russer. Das Bewusstsein für erneuerbare Heizenergie und damit zu mehr Nachhaltigkeit sei sehr stark zu spüren. «Das hat sich in den letzten ein bis zwei Jahren komplett verändert. Als wir die Verbunde gebaut haben, mussten wir Kunden suchen. Heute haben wir eine Warteliste», erzählt Stefan Russer. Der Ausbau der Fernwärmenetze orientiert sich an der Gebietsentwicklung der Gemeinde, die wie Tönett anmerkt, immer Risiken beinhalte. Gerade industrielle Grossabnehmer verhielten sich sehr dynamisch und stellen für die Fernwärme ein Klumpenrisiko dar. Dafür einen Ausgleich zu schaffen, einen gesunden Mix aus grossen und kleinen, privaten Abnehmern herzustellen, sei eine der schwierigsten Aufgaben beim Aufbau eines Verbunds.

«Als wir die Fernwärmeverbünde gebaut haben, mussten wir Kunden suchen. Heute haben wir eine Warteliste.»

Stefan Russer, Leitung Abfall, Abwasser und Wärme, Gemeindewerke Pfäffikon ZH

Herausforderungen Klimawandel

Anlagen werden so ausgelegt, dass man alle Abnehmer selbst bei kurzzeitig sehr niedrigen Temperaturen zuverlässig mit Wärme versorgen kann. Wollte man die Wärme rein aus der erneuerbaren Primärenergie erzeugen, wären die Anlagen für die längste Zeit des Jahres überdimensioniert und könnten kaum wirtschaftlich betrieben werden. Deshalb sei auch das Zuheizen mit Gas zur Spitzendeckung sinnvoll: «Einen stabilen Betrieb erreicht man erst, wenn man den Holzheizkessel mit 70 oder 80 Prozent Last fahren kann. Im Sommer, zur reinen Brauchwassererwärmung, muss man diese Anlagen über Stunden abstellen und wieder einschalten. Das ist aufwändig und für die Anlagen eine ungünstige Betriebsart», betont Russer.

Dazu komme, dass der Klimawandel und die Erderwärmung der Fernwärme nicht in die Karten spielen. «Der Hauptnachteil vieler Fernwärmeverbunde liegt heute darin, dass sie nicht kühlen können», nimmt Dumeng Tönett das Thema auf: «Irgendwann wird man auch kühlen müssen, vor allem in den zunehmend warmen Sommern. Deshalb entscheiden sich viele beim Neubau für Anergienetze.» Letztlich müssen dazu aber die Rahmenbedingungen in der Region vorhanden sein und man sollte die anzuschliessenden Liegenschaften von Beginn an entsprechend planen.

Synergien nutzen, Optimierungspotenziale aufdecken

Zukünftig müsse man sich noch besser überlegen wie man den Betrieb optimieren kann und welche Energieform man wo und wie nutze, meint Russer. «Die Frage ist, mit welcher Wärmeversorgung erschliessen wir welches Quartier und wie sieht ein optimaler Sommer-/Winterausgleich in der Nutzung der Heizenergie aus», erklärt er. Dazu wird gerade eine Studie in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchgeführt.

Erste Synergien werden in Pfäffikon aber schon aktiv genutzt. So wird in der Abwassereinigungsanlage ein Blockheizkraftwerk (BHKW) betrieben. Damit wird das Faulgas verstromt, die Wärme wird ins nahe gelegene Fernwärmenetz eingespeist. Grosses Potenzial sehen die beiden Fachleute zukünftig im starken Ausbau der Photovoltaik in der Gemeinde. Selbst die Klärbecken erhalten in Kürze ein Solarfaltdach. Die Vision in Pfäffikon: Entsteht im Sommer aus diesen Anlagen eine Überproduktion, könnten sie damit beispielsweise in einer Power-to-Gas-Anlage erneuerbares Gas erzeugen, oder die Pufferspeicher laden.

Grösseres Augenmerk wollen Tönett und Russer schliesslich der Mess- und Regeltechnik schenken. Vor allem die damit gewonnenen Daten würden an Bedeutung gewinnen, sind beide überzeugt. So könnte man beispielsweise die Ladung der Wärmespeicher aufgrund der Wetterprognose planen. «Wir haben so viele Daten aus den Fernwärmenetzen, wir machen damit halt noch zu wenig. Da besteht noch grosses Potenzial», meint Russer abschliessend.

Wärmeverbunde der Gemeindewerke Pfäffikon ZH

Wärmeverbund Schanz: Die Wärme wird in einer hochmodernen Energiezentrale aus Holzschnitzeln der regionalen Wälder gewonnen. Die daraus gewonnene Energie wird in einem 100'000 Liter Wärmespeicher gepuffert und mittels drei starken Pumpen an die Kunden geliefert.

Verbund Matten: Dem Grundwasser wird Wärme entzogen und in drei Wärmespeichern zwischengespeichert. Die Entnahmetemperatur des Grundwassers beträgt konstant 12 Grad Celsius. Eine Temperaturdifferenz von nur 4 Grad Celsius reicht aus, um rund 140 Wohneinheiten und einen Gewerbebetrieb zu versorgen. Das spart in Summe rund 65'000 Liter Heizöl im Jahr.

Verbund Tumbelen / Stogelen: Im jüngsten der drei Verbunde wird das Wasser des Pfäffikersees genutzt. Die technisch anspruchsvolle Energiezentrale nutzt den See als Kühl- und Wärmelieferant. Sie bindet aber auch die ortsansässige Industrie ein, die das geförderte Seewasser zuvor erwärmt. Mit einer zweistufigen Wärmepumpe wird dem Seewasser die Wärme wieder entzogen und in einem grossen, 27'000 Liter fassenden Speicher gepuffert.

Bildnachweis: Roland zh, CC BY-SA 3.0 (Titelbild); Gemeindewerke Pfäffikon ZH