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INTERVIEW Modelle gegen die Unsicherheit Komplexe Integration erneuerbarer Energien in die Stromversorgung intERViEW Frau Hug, Stromversorgung ohne Bandenergie der Kernkraft, volatile Verfügbarkeit der Erneuerbaren, zunehmend stromhungrige Verbraucher. Und so weiter. Wie kann man denn bei so vielen Unwägbarkeiten überhaupt ein Versorgungsnetz der Zukunft planen? Das ist in der Tat sehr komplex. Die Physik ist dabei aber nur ein Teil. Auch der Markt ist entscheidend dafür, ob und was sich überhaupt realisieren lässt. Und die Regulierungen, die bestimmen, was man tun darf und was nicht. Ich denke da beispielsweise an den Handel von Strom unter Privaten, die Eigenverbrauchsgemeinschaften und deren Grenzen. Um ein solches Gebilde für die Zukunft zu planen, braucht es mathematische Modelle des Gesamtsystems. Dazu müssen verschiedene Wissenschaften und Einrichtungen zusammenarbeiten: Wirtschafts- und Politikwissenschaften, Elektrotechnik, Maschinenbau und Gebäudetechnik, Risikomanagement, etc. Dies tun wir in Kollaboration mit dem Energy Science Center an der ETH, der Forschungsstelle Energienetz und diversen Lehrstühlen. All diese Expertisen müssen einfliessen. Wir haben heute eine zu praktisch 100% verfügbare Stromversorgung. Diesen Status Quo will ja auch niemand verlieren. Welche Überlegungen sind dazu notwendig? Wenn man Atomkraftwerke durch Erneuerbare ersetzen will, stellt sich natürlich die Frage, welche Reserven man einplanen muss, um Unsicherheiten in der Versorgung durch Erneuerbare auszugleichen. Und wo. Eine weitere interessante Fragestellung in diesem Zusammenhang ist, wie sich die Energieversorgung im benachbarten Ausland zukünftig entwickeln wird. Würden wir dies ignorieren, kämen wir zu bedeutend anderen Resultaten bezüglich Verfügbarkeiten, und den Möglichkeiten zum Import bzw. Export von elektrischer Energie. Wenn jeder auf Solarenergie setzt, dann wird es an einem sonnigen Tag, wo wenig verbraucht wird, auch im Ausland wenige Abnehmer geben. Solche Abhängigkeiten zu modellieren ist herausfordernd. Wie berücksichtigt man den internationalen Kontext? Einer der Ansätze ist in der Plattform ‹Nexus-e› umgesetzt, mit der wir komplexe und interdisziplinäre Fragen untersuchen wollen. Also beispielsweise wie sich technische, sozioökonomische und politische Entscheidungen auf die Leistung des zukünftigen Energiesystems auswirken. Dieser Modellierungsrahmen hat die Fähigkeit, Synergien zwischen bestehenden Modellen zu scha�en und aktuelle Modellierungsparadigmen für Energiesysteme zu erweitern. Das Stromnetz der Zukunft: Wie sieht es aus? Und vor allem: Wie gelangen wir dahin? Antworten auf diese Fragen sucht das Institut für elektrische Energieübertragung und Hochspannungstechnik der ETH Zürich mit der Gruppe um Prof. Dr. Gabriela Hug. Sie gewährt uns einen Einblick – und einen Ausblick. → 01| 2020 6 | 7

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